Trauredner Ausbildung mit Traufräulein

Immer wieder werde ich von Trauredner Kollegen und Brautpaaren gefragt warum ich mich dazu entschieden habe, selbst Trauredner und Abschiedsredner auszubilden. Schließlich wird ja jeder neue Trauredner ein potentieller neuer Konkurrent für mein eigenes Unternehmen. Grundsätzlich ist das natürlich wahr, es gibt allerdings zwei wichtige Gründe die mich im Jahr 2017 dazu bewegt haben, die Bergische Trauschmiede als Trauredner Akademie zu gründen:
1: Unausgebildete Redner hinterlassen einen schlechten Eindruck von freien Trauungen
2: Theoriebasierte Ausbildungsformate helfen in der Praxis nicht
Fangen wir mal mit dem ersten und sehr, sehr wichtigen Punkt an: Unausgebildete Trauredner hinterlassen einen schlechten Eindruck von freien Trauungen.
Generell ist es in Deutschland so, dass man für die Ausübung des Traurednerberufes keine Ausbildung benötigt. Das hat den Vorteil, dass man sich als Trauredner quasi sofort, ohne Ausbildung und ohne großes Startkapital selbständig machen kann. Es hat aber eben auch viele Nachteile.
Oft ist „Neulingen“ gar nicht so bewusst, wie viel Arbeit tatsächlich in so einer freien Trauung steckt. Viele Redner und auch Gäste sehen „nur“ das Endergebnis, die 40-50 Minuten Trauzeremonie am Tag der Hochzeit. Dass dieser Vortrag tatsächlich nur knapp 10% der gesamte Arbeiten ausmacht, wird häufig unterschätzt. Wie viel Zeit ein Trauredner durchschnittliche in eine Rede investiert, habe ich daher mal in dem Beitrag Was kostet ein freier Trauredner ausgearbeitet.
Diese Unwissenheit führt dazu, dass viele neue Redner mit Kampfpreisen zwischen 600-800€ auf den Markt gehen und den Markt damit für erfahrene Redner – die den tatsächlichen Aufwand hinter einer Trauzeremonie kennen – kaputt machen.
Schlimmer ist allerdings die Tatsache, dass man so ganz ohne Ausbildung einfach während einer Trauzeremonie auch sehr viele falsch machen kann.
Ich begleite seit 2015 ca. 40-50 Brautpaare im Jahr und bin meistens bereits 1-2 Stunden vor Zeremonie-Beginn vor Ort, um mich auf meine Trauung vorzubereiten.
Häufig konnte ich in diesem Zeitraum andere freie Redner sprechen hören, da viele Locations 2-3 Hochzeiten parallel an einem Tag durchführen, und die Zeremonien meistens zu unterschiedlichen Zeiten umgesetzt werden.
Natürlich habe ich mir gerne auch die Trauzeremonien anderer Kollegen angeschaut und war leider sehr oft sehr, sehr enttäuscht von dem was ich sehen durfte.
Trauredner, die unheimlich nervös waren und mit zittrigen Beinen und einer zittrigen Stimme einen Text aus ihrem Traubuch vorgelesen haben, ohne dabei einmal das Brautpaar oder die Gäste anzuschauen.
Reden ohne jeglichen Roten Faden, falsche Grammatik und falsche Zeitformen.
Es kam nicht selten vor, dass ein Trauredner nach dem Ja-Wort und dem Kuss folgendes gesagt hat: „Und jetzt machen wir das Sandritual. Dazu hören wir ein Lied!“
Ich habe meinen Blick dann durch die Gästereihen schweifen lassen und konnte dabei diese völlige Ahnungslosigkeit in den Gesichtern der Menschen sehen: „Was ist das Sandritual und warum machen wir das jetzt?“ – das stand ihnen quasi ins Gesicht geschrieben.
So schade, denn eigentlich hat jedes Ritual eine wunderschöne Bedeutung und wenn man diese an die Gäste kommuniziert (dafür sollte man sie natürlich kennen), kann man alle Menschen abholen und emotional berühren.
„So wie der Sand ineinander fließt und sich verbindet, so soll auch das Brautpaar weiter zusammenwachsen und sich verbinden. So wie aus den verschiedenen Farben ein neues Bild entsteht, so soll auch das Brautpaar seine ganz eigene Geschichte schreiben“
Eine so schöne symbolische Bedeutung, die man natürlich noch weiter ausführen und auf das Brautpaar abstimmen kann. Das entstandene Sandbild soll einen Platz bei dem Brautpaar zu Hause bekommen und sie zukünftig jeden Tag an ihr Versprechen erinnern. Genau so kann man dem Sandritual aber noch eine stärkere und individuellere Bedeutung – je nach Brautpaar – verleihen, beispielsweise indem man den Sand aus den jeweiligen Heimatstädten nimmt, oder aus gemeinsam bereisten Urlaubszielen.
Rituale sind dazu da, eine Trauung interaktiver zu gestalten und die Geschichte des Paares noch einmal bildlich zu untermalen. Rituale macht man nicht um des Rituales Willen, sondern um emotional zu berühren und etwas zu schaffen, was das Brautpaar in der Zukunft begleitet. Es gibt zig tausend Rituale, eigentlich unendlich viele, denn als Trauredner hat man eigentlich die Aufgabe, nicht auf „Standartrituale“, wie das Sandritual zurück zu greifen, sondern für jedes Brautpaar und dessen Geschichte ein passendes und ganz eigenes Ritual zu entwickeln. Dazu gehört viel Kreativität und Ideenreichtum, was tatsächlich viele Trauredner, selbst wenn sie schon viele Jahre in dem Beruf tätig sind, vor eine Herausforderung stellt. Aber auch das kann man lernen, weshalb ich vor zwei Jahren einen gesonderten Workshop für Trauredner entwickelt habe, die die Entwicklung und Umsetzung von Ritualen behandelt: Workshop Trauritual
Denn wenn man ein Ritual und dessen Bedeutung nicht erkläret, so wie in dem oben genannten Beispiel, kann man die Gäste damit auch nicht emotional berühren und abholen. Man kann es nicht thematisch in den Inhalt der Traurede einbinden, um einen roten Faden zu bekommen.
Eine Traurede ist kein tabellarischer Lebenslauf eines Paares der runtererzählt wird, sondern eine lebendig erzählte und ganz persönliche Liebesgeschichte, die mit passenden Zitaten, Ritualen und Bildern untermalt wird. Das kann man allerdings nur wissen, wenn man sich das Wissen aneignet.
In Deutschland liegt die durchschnittliche Größe einer Hochzeitsgesellschaft bei 60 Personen. Wenn ein Trauredner also eine „schlechte Trauzeremonie“ gestaltet, haben gleich 60 Menschen einen negativen Eindruck von einer freien Trauzeremonie. Diesen negativ Eindruck wieder aus den Köpfen der Gäste zu bekommen ist viel mehr Arbeitsaufwand und wirkt sich negativer auf das Berufsbild des Trauredners aus, als wenn es weitere Konkurrenten gibt, die 60 Gäste mit einer schönen Traurede beindrucken, wovon sich dann viele selbst eine freie Trauung für Ihre Hochzeit wünschen oder positiv über freie Trauungen sprechen und diese weiterempfehlen.
Kommen wir zum zweiten Punkt der mich dazu bewegt hat, Trauredner selbst auszubilden: Theoriebasierte Ausbildungsformate helfen in der Praxis nicht.
Ich selbst habe eine Ausbildung zur Trau- und Trauerrednerin absolviert und genau das erlebt. Ein Haufen Theorie ohne jegliche Praxiserfahrung.
Das heißt, ich habe über mehrere Monate Seminare besucht um in Theorie zu lernen, wie die Arbeit des Trauredners funktioniert. Am Ende musste ich zwar eine „praktische Prüfung“ vor einem Prüfungskomitee ablegen, von diesen 5 Personen hatte jedoch noch keiner jemals eine freie Trauung live miterlebt. Hier fragt man sich schon: Wie kann das sein?
Nach bestandener Prüfung wusste ich zwar in Theorie was zu tun ist, die wirklich Praxis hatte ich aber noch nie miterlebt, geschweigenden selbst umgesetzt. Ich bin also als „offiziell ausgebildete Traurednerin“ auf den Markt gegangen, ohne jemals unter realen Umständen eine Trauung durchgeführt zu haben. Noch viel schlimmer war aber die Tatsache, dass ich niemanden mehr hatte, den ich bei Fragen hätte fragen können, denn: Die Ausbildung war ja beendet!
Man könnte also sagen, dass ich zwar eine Ausbildung absolviert hatte, die Wahrscheinlichkeit jedoch groß war, dass ich mit meinem wenigen Wissen eigentlich fast zu denen in Punkt eins genannten traurednerinnen gehören würde, die eben durch zu wenig Erfahrung einen schlechten Eindruck bei Trauungen hinterlassen.
Und genau auf dieser Erfahrung basierend habe ich dann die Ausbildung zur Traurednerin entwickelt.
Das Konzept ist nämlich – im Gegensatz zu fast allen anderen Ausbildungsangeboten -äußerst Praxisorientiert und bietet darüber hinaus die Aufnahme in ein Rednernetzwerk, bestehend aus über 100 Traurednern, an die man sich jeder Zeit und mit allen anfallenden Fragen wenden kann. Denn wenn aus der Theorie Praxis wird, ist das der Zeitpunkt, wo die meisten Fragen entstehen.
Somit basiert das Ausbildungsformat zur Traurednerin bei der bergischen Trauschmiede zwar natürlich auch auf vielen theoretischen Inhalten, man schreibt aber auch erste eigene Traureden, trägt diese vor, wird dabei gefilmt und bekommt ein direktes Feedback. Außerdem hat man die Möglichkeit, mich immer mal wieder auf echte freie Trauungen zu begleiten, denn in der Praxis lernt man doch am meisten.
Der größte Vorteil ist aber sicherlich die Aufnahme in das Redner Netzwerk, wo man eben all seine Fragen über eine WhatsApp Gruppe stellen kann und direktes Feedback sowie mehrere Ideen- und Lösungsansätze von verschiedenen Traurednern bekommt. Man steht also niemals allein da und wird auf dem Weg in den Beruf begleitet. Ein weiterer Vorteil dieses Netzwerkes ist übrigens auch die Weiterleitung und Vermittlung von doppelten Anfragen, was insbesondere „Neulingen“ dabei hilft, erste Aufträge zu bekommen.
Die Arbeit des Trauredners ist natürlich ein Saisongeschäft und so arbeiten mittlerweile immer mehr Trauredner auch als Abschiedsredner, um auch in den Wintermonaten Einnahmen zu erzielen.
Ich selbst arbeite schon seit 2017 als Abschiedsrednerin
Und wurde immer wieder von ehemaligen Lehrgangsteilnehmern gefragt, ob ich nicht auch für diesen Bereich einen Lehrgang ausarbeiten kann.
2019 habe ich mit aus diesem Grund dann den Lehrgang zum Abschiedsredner entwickelt, um Traurednern die Möglichkeit zu geben, sich auch auf diese Aufgabe bestmöglich vorzubereiten.
Denn als Abschiedsredner hat man meiner Auffassung nach sogar noch ein Stückchen mehr Verantwortung zu tragen, da man die Hinterbliebenen auf dem „Weg des Abschiednehmens“ begleitet und somit maßgeblich bei der Trauerbewältigung unterstützen kann.
Egal ob als Trau- oder Trauerredner, in diesem Beruf trägt man eine unheimlich große Verantwortung und das Bewusstsein dafür wächst täglich. Aus diesem Grund konnte ich im Jahr 2020 ein Förderprojekt für die bergische Trauschmiede gewinnen, die es ermöglicht hat, die gesamten Ausbildungsinhalte zu digitalisieren und somit auch deutschlandweit anbieten zu können.
Denn jährlich treten zahlreiche Menschen aus der Kirche aus und somit werden die Berufe des freien Redners auf Hochzeiten und Beerdigungen immer relevanter und wichtiger.
Das sind die Gründe die mich als freie Trau- und Trauerrednerin dazu bewegt haben, selbst freie Redner auszubilden. Und ein ganz positiver Nebeneffekt dabei ist, dass ich umgeben von wirklich netten Menschen und einem tollen Netzwerk bin, dass auch mich bei Fragen in meinem Beruf unterstützt und immer offen für Austausch und neue Ideen ist.